Vielleicht ist „Fallout“ die größte Serien-Überraschung des Jahres: Anders als es bei Gaming-Adaptionen meist der Fall ist, überzeugen die acht, auf Amazon Prime Video verfügbaren Episoden sowohl Fans der Vorlage als auch ein Publikum, das mit der Spielereihe noch gar nicht in Berührung gekommen ist. Jonathan Nolan und Lisa Joy, die bereits mit „Westworld“ ihr Talent für packende Dystopien bewiesen haben, inszenieren die nukleare Postapokalypse als eine einnehmende Mischung aus skurrilem Witz und spektakulärer Action. Das Beste daran ist: Sogar schlaue Gesellschaftskritik hat darin einen Platz.
Wer „Fallout“ bereits gesehen hat, und auf der Suche nach ähnlichen Serien ist, der dürfte also auch vom vorangegangenen Projekt der beiden Showrunner angetan sein: „Westworld“ ist zwar weitaus weniger von Humor getragen. Die Sci-Fi-Serie um einen futuristischen Westernpark, in dem sich vorrangig Superreiche mit sehr menschlich aussehenden Androiden vergnügen können, wartet dafür allerdings mit umso durchdachteren Gedankenspielen am Puls der Zeit auf. Die Frage danach, was uns als Menschen wirklich ausmacht und von intelligenten Maschinen unterscheidet, ist nur einer von vielen spannenden Gegenwartsaspekten, die dabei thematisiert werden.
Die Kritik an übermächtigen Konzernen, die durch krude Geschäftsmodelle das Wohl der Gesellschaft bedrohen (looking at you, „Vault-Tech“), findet sich übrigens ebenso in „Westworld“. Wer an dieser Facette von „Fallout“ seine besondere Freude hatte, sollte sich auch mit „Severance“ beschäftigen. Die scharfsinnige Serie von Dan Erickson kreist um ein ominöses Unternehmen, das seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dazu animiert, sich einen Chip in ihr Gehirn verpflanzen zu lassen. Das Versprechen: Eine bessere Work-Life-Balance, indem durch besagten operativen Eingriff alle Erinnerungen an das Büro und das Privatleben streng voneinander getrennt werden. Der Benefit für den Betrieb: Keiner der Angestellten kann sich nach Arbeitsschluss daran erinnern, womit er eigentlich seinen Arbeitsalltag verbringt…
Die Folgen einer restlos enthemmten Profitgier spielt allerdings wohl keine Serie so spaßig durch wie die schräge Comedy-Serie „Upload“. „The Office“-Schöpfer Greg Daniels imaginiert darin eine Zukunft, in der selbst mit dem Jenseits ordentlich Geld verdient werden kann. Wer die notwendigen finanziellen Mittel mitbringt, kann sein Bewusstsein nach dem Tod von einem einflussreichen Konzern in eine virtuelle Welt transferieren lassen. Je nach Geldbeutel gestaltet sich das Nachleben dann ziemlich paradiesisch – oder wird bis in alle Ewigkeit von nervigen Popup-Werbungen begleitet.
Wer „Fallout“ wiederum vor allem wegen des postapokalyptischen Settings zu schätzen weiß, sollte es hingegen mit „Snowpiercer“ versuchen. In der Netflix-Serie ist die Erde ebenfalls unbewohnbar geworden, das meiste Leben durch einen verzweifelten Versuch, den Klimawandel durch ein gewagtes Experiment zu stoppen, ausgelöscht. Nur die Passagiere in einem kilometerlangen High-Tech-Zug, der unaufhörlich durch das ewige Eis prescht, sind übriggeblieben. Ähnlich wie es in den „Vaults“ der Fall ist, bestimmt auch hier der soziale Rang über den Komfort in der Postapokalypse: Während die vorderen Abteile mit allem erdenklichen Luxus ausgestattet sind, lebt ein Großteil der verbliebenen Menschheit unter unwürdigen Bedingungen in den hinteren Waggons.
Noch mehr Weltuntergangsstimmung gibt es in „Y: The Last Man“. Basierend auf der gleichnamigen Comic-Reihe, entwirft die Serie ein Szenario, in dem nach einer ominösen Pandemie alle Männer ausgestorben sind, während der weibliche Anteil der Weltbevölkerung um sein Überleben kämpft. Nur der Mittzwanziger Yorick hat die Katastrophe seltsamerweise überstanden, und sucht an der Seite zweier Frauen nach Antworten. In eine thematisch ähnliche Richtung zielt „The Leftovers“, erzählt allerdings in einer deutlich düstereren Tonart: In der Mystery-Serie von „Lost“-Schöpfer Damon Lindelof verschwinden auf unerklärliche Weise 140 Millionen Menschen von der Erde, die verbliebene Menschheit ist darüber traumatisiert und versucht einen Sinn darin zu suchen.
Auch in „Station Eleven“ ist ein Großteil der Menschheit einer Pandemie zum Opfer gefallen. Die Miniserie nach dem Erfolgsroman von Emily St. John Mandel legt den Fokus auf eine Gruppe von Schaustellern, die zwanzig Jahre später durch ein paar wenige verbliebene Siedlungen zieht. Dabei wird auf ergreifende Weise die Frage aufgeworfen, was nach dem Ende der Welt, nach dem Verlust von allem, was von persönlichem Wert und kulturell kostbar war, vom Menschsein übrig bleibt.
Ähnlich einfühlsam nähert sich „The Last of Us“ der Postapokalypse: Schmuggler Joel und die gegen die Infektion immune 14-jährigen Ellie streifen durch die unterschiedlich organisierten Kolonien, in die die USA nach Ausbruch einer Pilzinfektion, die die Menschen in eine Art tumbe Zombies verwandelt, gefallen ist. Wie schon in der gleichnamigen Gaming-Vorlage, geht es dabei vor allem um zwischenmenschliche Beziehungen.
Wirklich postapokalyptisch wird es in „Yellowjackets“ wiederum zwar nicht, wahrlich um ihr Überleben kämpfen müssen allerdings auch die jungen Frauen einer High-School-Fußballmannschaft, nachdem ihr Flugzeug über der Wildnis abstürzte. Die verbliebenen Spielerinnen versuchen auf teilweise ähnlich schockierende Weisen wie in „Fallout“ die Zeit bis zu ihrer Rettung zu überstehen. Außerdem ist Ella Purnell, die in „Fallout“ die Protagonistin Lucy verkörpert, in einer der Hauptrollen zu sehen.
Näher als „Silo“ kommt aber vermutlich keine Serie an „Fallout“ heran. Zumindest, wenn es um das Setting geht: Die Sci-Fi-Serie handelt von einem unterirdischen Bunker, dessen Bewohner nahezu nichts über seine Entstehung und die Zeit vor der Katastrophe wissen. Zwar steht es ihnen frei, jederzeit an die Oberfläche zu gehen, doch niemand weiß so recht, was einen dort erwartet. Die Führungsriege des 144 Stockwerke umfassenden Silos weiß außerdem die Ängste vor dem ominösen Draußen zu schüren, doch allmählich wachsen die Zweifel daran, ob die Oberhäupter wirklich die Wahrheit sagen. Wie in „Fallout“ geht es letztlich auch hier um den ewigen Widerstreit: Zwischen Sicherheit – und Freiheit.
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Die untenstehende Liste, kuratiert von Arabella Wintermayr, enthält zehn Streaming-Tipps, die sich nach „Fallout“ lohnen.