Es gibt wohl kein Studio, das für die Entwicklung des computeranimierten Animationsfilms derart Bahnbrechendes erreicht hat, wie Pixar. Mit seinem Œuvre hat das kalifornischen Produktionsunternehmen immer wieder eindrucksvoll bewiesen, wie sehr die Gattung im Stande ist, selbst komplexe Gefühle zu vermitteln und ein Publikum aller Altersgruppen zu bewegen.
Alles begann 1995 mit „Toy Story“, dem ersten vollständig computeranimierten Spielfilm. Die Geschichte um Woody, Buzz Lightyear und ihren Freunden war allerdings nicht nur ein technischer Meilenstein. Auch in narrativer Hinsicht setzte der Film bedeutende Maßstäbe. Pixar erweckte eine Welt, in der Spielzeuge große Hoffnungen hegen, Ängste ebenso wie Träume haben, zum Leben – und demonstrierte, dass Animation reich und nuanciert von Menschlichem und Zwischenmenschlichem erzählen kann. Alltägliche Themen und Empfindungen in außergewöhnliche Konstellationen zu ergründen, wurde in den folgenden Jahren zum Erfolgsrezept des Studios.
Schnell stellte sich dabei heraus, dass sich die Geschichten mitunter auch dezidiert an ein erwachsenes Publikum richten. So enthält „Die Monster AG“ (2001) neben der allgemeingültigen, aber besonders für Kinder wertvollen Botschaft über die Bedeutung, sich seinen Ängsten zu stellen, auch Seitenhiebe auf unsinnige Aufgaben in der Arbeitswelt. Ähnliches gilt für „Findet Nemo“ (2003): Während der junge Clownfisch Nemo mit einer schwächer ausgebildeten rechten Flosse den kleinen Zuschauern vermittelt, dass eine Andersartigkeit sie weder definieren noch einschränken muss, kann sein neurotischer Vater Merlin, der in ständiger Angst um die Sicherheit seines Sohnes lebt, als Mahnung vor erdrückender elterlicher (Für-) Sorge gelesen werden.
Auch die besondere Visualität, mit der Pixar diese Geschichten inszeniert, setzt in der Branche immer wieder neue Maßstäbe. Nach der aufwendigen Fell-Simulation von Sulley in „Die Monster AG“ und den komplexen Wasser- und Lichteffekten in „Findet Nemo“, wartete „Die Unglaublichen“ (2004) mit einer Dekonstruktion des Superheldengenres auf, die den Wert von (familiären) Zusammenhalt betonte – verpackt in eine originelle Hommage an die Spionagefilme und die Comic-Ästhetik der 1960er Jahre.
Vermutlich aber repräsentiert kein Pixar-Film die bestechende Mischung aus ideenreichem Storytelling, emotionaler Tiefe und kreativer Inszenierung besser als „Oben“ (2009). Die einleitende Sequenz des Films, die die geteilte Zeit des Ehepaars Fredricksen rekapituliert, vermittelt als wortlose Montage ein gemeinsames Leben voller Liebe – aber auch unerfüllter Träume und bitterer Verluste. Binnen weniger Minuten reihen sich harte Rückschläge an neu gefasste Hoffnungen. Binnen weniger Minuten vermag es Pixar, sein Publikum ein ebensolches Wechselbad der Gefühle durchleben zu lassen.
Dass es den Filmen des Studios gelingt, eine Zuschauerschaft nicht nur über Altersgrenzen hinweg, sondern auch verschiedenster kultureller Hintergründe zu erreichen, spricht für die universelle Anziehungskraft es Erzählten. Bemerkenswerterweise entwickelt es seinen Appeal an die Massen eben nicht durch eine inhaltliche Verdünnung, sondern gerade indem Pixar über besondere Figuren das Universelle erschließt und so Geschichten schreibt, die weltweit widerhallen.
Immer wieder lehren Pixar-Filme ihrem Publikum, mit dem Anderen zu fühlen und darin das Verbindende zu entdecken. Egal, ob dieses Andere nun ausgerechnet eine Ratte mit kulinarischen Ambitionen in „Ratatouille“ (2007) oder verliebte Roboter in „WALL-E“ (2008) sind.
Pixar: Alle Animationsfilme des Studios im Streaming-Guide
Die folgende Liste enthält alle Pixar-Filme in chronologischer Reihenfolge. Außerdem verrät unser Streaming-Guide, wo „Merida“, „Souls“ und alle weiteren Animationsfilme des Studios derzeit gestreamt werden können.