Spätestens nach „Poor Things” (Platz 1 in dieser Liste) kann kein Zweifel mehr daran bestehen: Emma Stone gehört zu den vielseitigsten Talenten, die Hollywood gerade zu bieten hat. In Yorgos Lanthimos’ skurrilem Fantasydrama schlüpft sie in eine Rolle, die sich am Treffendsten als eine moderne Interpretation des Frankenstein-Monsters beschreiben lässt – denn Bella Baxter mag zwar aussehen wie eine erwachsene Frau, nach einem grotesken Experiment befindet sie sich aber auf dem geistigen Stand eines Kleinkindes.
Man kann sich kaum vorstellen, wer dieses so seltsame Mischwesen, das anfangs mit infantiler Lust im Laboratorium ihres Schöpfers auf Leichen einsticht, bald einen mit den strengen Sittenvorstellungen des viktorianischen Zeitalter unvereinbaren Umgang mit Sexualität pflegt, und schließlich sogar ein soziales Bewusstsein entwickelt, mit einem solchen einnehmenden Charme und Witz verkörpern könnte, wie Emma Stone es tut.
Nach dieser „Tour de Force”-Performance, für die die Schauspielerin ganz zurecht für einen Oscar als beste Hauptdarstellerin nominiert ist, leuchtet es heute ebenso wenig ein, dass sie lange einzig in Teen-Comedies („Superbad”) und romantischen Komödien („Crazy, Stupid, Love”) besetzt wurde.
Dass man sich an einige dieser Filme – hatten sie abseits von Emma Stone auch sonst nicht viel zu bieten – dennoch gerne erinnert, beweist wie charakteristisch ihr Spiel ist. Wer muss, begegnet er einem Song von Natasha Bedingfield, nun nicht automatisch an Emma Stones flammendes Dusch-Duett mit einer kitischen Grußkarte denken, die in „Einfach zu haben” (Platz 4) unaufhörlich “Pocket Full of Sunshine” vor sich hinspielte?
Rollen passioniert mit Leben zu füllen, die für sich genommen nicht viel hergeben, wurde nach ihrem Durchbruch in Will Glucks leichtherziger Coming-of-Age-Erzählung zunächst zu ihrem Markenzeichen. Dass etwa „The Help” (Platz 10) ausgerechnet aus der “White-Savior”-Perspektive von den Rassismuserfahrungen Schwarzer Haushälterinnen in den Südstaaten der USA erzählt, verzeiht man dem Drama nur, weil Emma Stone die junge, weiße Journalistin einnehmend empathisch – und erneut: mit einnehmendem komödiantischem Können – spielte.
Vielleicht ist es der ersten Oscarnominierung als beste Nebendarstellerin in „Birdman” (Platz 5) geschuldet, dass Emma Stone seither immer Öfter in Filmen zu sehen ist, die auch seitens der Kritik großes Lob erfahren. In Alejandro González Iñárritu bissiger Satire auf eine Filmindustrie, die sich nur noch auf schnöde Superheld-Streifen konzentriert, gab sie die verkorkste Tochter einer geltungssüchtigen, ehemaligen Hollywood-Größe (Michael Keaton) – und war erstmals in einer dem schwarzhumorigen Rolle zu sehen.
Dass sie den neu entdeckten Hang zum schwarzen Humor und ernsteren Filmgefilden auch nach ihrem Oscar-Erfolg im Muscial „La La Land” (Platz 9) nicht aufgab, ist ein Glücksfall – wie nicht nur ihre fulminante Darstellung einer mit kruden Mitteln um die Gunst der Königin (Olivia Colman) buhlenden jungen Adligen in Yorgos Lanthimos kuriosem Historienfilm „The Favourite” (Platz 3) beweist.
Nach ihrer ersten Serienrolle in „Maniac” (Platz 8) – eine visuell dichte Dystopie, die zu schnell von der Bildfläche verschwand – brillierte Emma Stone zuletzt als selbsternannte Weltverbesserin in „The Curse” (Platz 2). Gemeinsam mit ihrem Mann (Nathan Fielder) bemüht sich ihre Figur verbittert um eine Reality-Show über ihre Ambitionen, ein abgehängtes Viertel in New Mexico in einen lebenswerten Stadtteil zu verwandeln.
Als ebenso bitterböse wie umwerfend unterhaltsame Satire auf oberflächlichen Möchtegern-Aktivismus und modernes Selbstdarstellertum, die gleichsam Themen wie Gentrifizierung und „Cultural Appropriation” verhandelt, liefert die Serie Emma Stone eine vielschichtige Rolle, in der sie ihr volles Potenzial ausschöpfen kann. Gemeinsam mit ihrer Ausnahmedarbietung in „Poor Things” scheint die Schauspielerin auf einem vorläufigen Höhepunkt ihrer Karriere angekommen. Man darf gespannt sein, was da noch folgen mag.
Die besten Filme mit Emma Stone im Stream
Die folgende Liste enthält die besten Performances von Emma Stone in Filmen und Serien, kuratiert von Arabella Wintermayr. Wir zeigen dir außerdem, wo „The Favourite”, „La La Land” und Co. aktuell im Stream verfügbar sind.