Mit „Dune“ und „Dune: Part Two“ hat Denis Villeneuve das geschafft, was lange als unmöglich galt: Der kanadische Filmemacher hat Frank Herberts vielschichtiges Weltallepos in kommerziell erfolgreiche und von der Kritik gelobte Blockbuster übersetzt. Jedenfalls den ersten Roman der Sci-Fi-Reihe, die immerhin sechs Bücher umfasst – und an die sich noch weitere Zyklen anschließen. Sein Interesse an einer weiteren Adaption hat Denis Villeneuve bereits angekündigt.
Mit „Dune“ hat sich der Regisseur allerdings nicht zum ersten Mal auf Sci-Fi-Terrain begeben, das als äußerst schwierig gilt: Zuvor wagte er sich mit „Blade Runner 2049“ an eine Fortsetzung eines überaus beliebten Klassikers, und vermochte es, ein Sequel zu inszenieren, das vielleicht nicht den Charme des Originals von Ridley Scott besitzt, seinem Geist aber treu bleibt und die in ihm behandelten Fragen um den Widerstreit von Mensch und Maschine an unsere Gegenwart anpasst.
Vor diesem Hintergrund ist es kaum vorstellbar, dass der in Québec geborene Denis Villeneuve seine Karriere eigentlich mit existenziellen Dramen begann. Den Beginn seines filmischen Schaffens markierte „Der 32. August auf Erden“, ein Film über eine junge Frau, die nach einem Autounfall beschließt, ein Kind mit ihrem besten Freund zu zeugen, um ihrem Leben eine neue Richtung zu geben.
Ähnlich wie in seinem Nachfolgefilm „Maelström“ kippt das Geschehen jedoch schnell ins Surreale. Auch hier ist eine junge Frau in einen Autounfall verwickelt; Sie begeht Fahrerflucht, das Opfer stirbt und sein Bruder sucht sie auf, um Rache zu üben, der sich aber prompt in sie verliebt. Die sonderlichen Ereignisse werden von einem Fisch erzählt – beziehungsweise mehreren: Sobald der eine unter dem Fleischermesser endet, übernimmt der nächste und die Erzählung wechselt die Perspektive.
Obwohl beide Dramen großen Zuspruch fanden, und Denis Villeneuve sogar als die nächste große Hoffnung für anspruchsvolles Arthouse-Kino aus Kanada gehandelt wurde, zog er sich zunächst mehrere Jahre aus der Branche zurück – und kehrte 2009 mit „Polytechnique“, und einem wesentlich raueren Thema zurück, das keinen Raum für die zuvor beinah traumartigen Bilder seiner Filme mehr lies. Wohl auch in Schwarz-Weiß gehalten, um die Gewaltdarstellungen weniger drastisch wirken zu lassen, erzählt er aus drei Perspektiven von einem Amoklauf an der polytechnischen Hochschule von Montréal, der sich 1989 ereignete.
Das besondere Interesse am Mysteriösen im menschlichen Dasein ist etwas, das den Filmemacher selbst in der Inszenierung von den ganz realen Tragödien der Welt immer wieder auszeichnet. Das wird in keinem seiner Filme derart deutlich, wie in „Die Frau, die singt“, der ihm die erste Oscarnominierung einbrachte. Darin bekommen zwei Zwillinge nach dem Tod ihrer Mutter zwei Briefe ausgehändigt. Einer davon ist für den totgeglaubten Vater bestimmt, der andere für einen Bruder, von dessen Existenz sie bislang nichts wussten. Erst wenn die Mission erfüllt und die Umschläge übergeben sind, soll die Mutter ordentlich bestattet werden dürfen. Es ist der Anfang einer gefährlichen Odyssee in den Mittleren Osten, wo die Geschwister mit der Gewalt konfrontiert werden, die ihre vor ihrem Tod plötzlich verstummte Mutter in der Vergangenheit durchleben musste.
Erst mit „Prisoners“, „Enemy“ und „Sicario“ mengten sich Villeneuves Werk schließlich verstärkt profanere Thriller-Elemente bei. Doch auch hier bleibt das Rätselhafte und schwer zu Durchdringende stets Teil seines Schaffens. In „Enemy“ etwa schlüpft Jake Gyllenhaal in eine Doppelrolle, als Hauptfigur Adam plötzlich seinem Doppelgänger Adam gegenüber zu stehen scheint. An der Oberfläche ergründet der verwickelte Mystery-Thriller was passieren könnte, sollte es uns nicht nur einmal auf dieser Welt geben. Durch die wiederkehrende Spinnensymbolik im Film, eröffnen sich allerdings zahlreiche Interpretationsmöglichkeiten über die Fallstricke der Tiefenpsychologie und Geschlechterrollen.
Erst 2016 widmete sich Denis Villeneuve dann endgültig dem Genre, das er im Augenblick prägt, wie nahezu kein zweiter Regisseur: Das Sci-Fi-Drama „Arrival“ imaginiert die Ankunft von Außerirdischen auf der Erde und folgt in erster Linie einer Linguistin (Amy Adams), die nach einer Möglichkeit der Kommunikation zwischen den Spezies suchen soll. Bald muss sie sich jedoch nicht nur um die Entschlüsselung der komplexen Schriftzeichen bemühen, sondern obendrein die immer nervöse politische Bühne bespielen, um einen Krieg zu verhindern.
Obwohl es um extraterrestrisches Leben geht, bleibt Denis Villeneuve doch zuerst am menschlichen Zusammenleben und seinen Tragiken interessiert. Und das ist, worauf es der Filmemacher letztlich immer abgesehen zu haben scheint. Ganz egal über welche Umwege und in welchem Genre.
Denis Villeneuve: Alle Filme des „Dune“-Regisseurs – und wo sie zu sehen sind
Die folgende Liste enthält alle Spielfilme von Denis Villeneuve in umgekehrt chronologischer Reihenfolge. Wir zeigen dir außerdem, wo „Dune: Part Two“, „Die Frau, die singt“ und alle weiteren Titel dieser Übersicht aktuell im Stream verfügbar sind.